Für die Kreiskoalition ziehen die Energiepolitischen Sprecher Gerhard Schmidt (SPD), Alexander Wright (Bündnis 90/Grüne) und Heinz Becker (Freie Wähler) gemeinsam mit Anette Henkel (Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit, Wirtschaft, Kreisentwicklung, Energie und Verkehr) eine positive Bilanz. Anlass war die Einbringung des Leitantrages „Energiewende“ durch die neue Kreiskoalition im Juni 2011.
Zum Hintergrund: Jährlich werden im Landkreis Gießen (ohne die Stadt Gießen) für 510 Millionen Euro durch private Haushalte und Gewerbekunden Energiekosten gezahlt. Ziel der Koalitionäre ist es einen möglichst hohen Anteil des Erlöses der Energiewirtschaft durch Erneuerbare Energien in der Region zu halten.
Außerdem sieht die Koalition noch ein hohes Potenzia für die regionale Wertschöpfung und Wirtschaftsförderung in der Industrie. Im Landkreis Gießen gibt es derzeit in den Bereichen Solarenergie, Kraft-Wärme-Kopplung und Windkraftanlagen etwa 200 Unternehmen mit 3500 Arbeitsplätzen, wovon 1000 in den letzten Jahren neu entstanden sind. Durch die 100%ige Versorgung des Landkreises mit regenerativen Energien würden auch diese Wirtschaftszweige profitieren
Der Leitantrag sieht vor bis 2020 die benötigte Energie zu 33 % aus Erneuerbaren Energien zu erzeugen, bis 2030 zu 100%. . Die Beteiligten wissen, dass dies ein ehrgeiziges Ziel ist, das nur zusammen mit den Kreiskommunen, den Bürgern, den Umweltorganisationen, der Wissenschaft und der Wirtschaft erfolgreich gestaltet werden kann.
Ein Baustein dieses Prozesses ist die Erstellung eines integrierten Klimaschutzkonzeptes, das vom Bund mit einem Kostenzuschuss von 85% gefördert wird. Kernstück ist eine CO2-Bilanz für den Landkreis Gießen, zu deren Errechnung die Bedarfe an Strom und Wärme ermittelt werden, ebenso Potenziale zur Energieeinsparung, zur ressourcenschonenden Herstellung von Strom und Wärme durch Kraft-Wärmekopplung und zum Ausbau regenerativer Energiequellen .
Im Dezember 2011 wurde der Landkreis Gießen vom Bundesumweltministerium als Starterregion in das bundesweite Netzwerk „100 % – Erneuerbare Energie-Regionen“ aufgenommen. Der Kreistag hatte zuvor, durch einen entsprechenden Antrag der Koalition beschlossen sich für das Netzwerk zu bewerben. Hierbei geht es vorwiegend um die Vernetzung und den Erfahrungsaustausch mit anderen Regionen, Landkreisen und Kommunen bei der Umsetzung ihrer Klimaschutz- und Energieziele. Dieser Erfahrungsaustausch ist den vier Koalitionären wichtig. „Wir müssen nicht die Fehler machen, die in anderen Kreisen gemacht wurden und können uns ruhig ein Beispiel an Regionen nehmen, die viel weiter sind“ so die einhellige Meinung.
Insbesondere für den ländlichen Raum ist der Bereich Bioenergie wichtig, gerade auch für die heimischen Landwirte. Nachdem die 1. Förderphase von 2009 – 2012 des Projektes „ Bioenergie-Region Mittelhessen“, in einer Kooperation des Landkreises Gießen mit dem Vogelsbergkreis, erfolgreich abgeschlossen werden konnte, hat der Kreistag am 25. Juni beschlossen, auch in der bevorstehenden 2. Förderphase bis 2015 sein Engagement fortzusetzen. Der Landkreis Marburg-Biedenkopf wird sich als dritter Partner beteiligen. Einen Schwerpunkt bildet der Ausbau der nachhaltigen Wärmeproduktion durch die Nutzung von Biomasse. Ein weiterer Kernpunkt ist die bestmögliche Integration dieser Technologie in den Naturschutz. Als wissenschaftlicher Partner wird das Kompetenzzentrum für Energie- und Umweltsystemtechnik der Fachhochschule Mittelhessen wieder eine wichtige Rolle spielen.
Mit dem Energiebeirat im Landkreis Gießen, wurde mit Hilfe der Koalition ein hoch kompetentes Gremium geschaffen, das die relevanten Akteure aus der Region zusammenführt und das die regionale Energiepolitik des Landkreises beratend begleiten soll. Die konstituierende öffentliche Sitzung fand am 17. April unter der Leitung von Landrätin Anita Schneider statt. Neben Vertretern der Fraktionen und Gruppen im Kreistag sind die heimischen Energieversorgungsunternehmen, die Universität Gießen, die Fachhochschule Mittelhessen, die vier Teilräume im Landkreis Gießen, relevante Institutionen und Verbände, die heimischen Kreditinstitute sowie besonders fachkundige Bürgerinnen und Bürger aus dem Kreisgebiet vertreten. Das hochkompetente Gremium soll die genannten Projekte begleiten und neue Projekte entwickeln.
Im Herbst 2012 startet in Zusammenarbeit mit der Qualifizierungsoffensive Land-kreis Gießen eine fünfteilige Veranstaltungsreihe zum Energiesparen für kleine und mittlere Unternehmen im Kreis. Branchenspezifische Themenabende sollen eine hohe Effektivität für die Teilnehmer gewährleisten.
Alle genannten Projekte werden durch die Stabsstelle „Wirtschaftsförderung, Energie, Tourismus und Kreisentwicklung“ mit der Leiterin Gabriele Gotthardt koordiniert und begleitet. Landrätin Anita Schneider ist es gelungen mit Dr. Manfred Felske-Zech für den Landkreis Gießen einen Experten zu gewinnen der die Energiedaten aktualisiert und aufbereitet, aus ihnen Szenarien für die Energieversorgung der kommenden Jahre entwirft und Handlungsfelder für die Umsetzung der Energieziele ableitet, aber auch Netzwerke mit anderen Institutionen pflegt und ausbaut.
Mit Ausblick in die kommenden Monate skizzieren die Koalitionäre die weitere Arbeit:
Aktuell ist es wichtig, sich an der Erstellung des Teilplans – Energie für die Region Mittelhessen zu beteiligen. Nachdem die Grundsatzpapiere für großflächige Photovoltaikanlagen, Biomasse-Anlagen und die Windkraftnutzung vor kurzem behandelt wurden, sollen im September durch die Regionalplanung beim Regierungspräsidium die Sta
ndortvorschläge vorgelegt werden. Für die SPD ist dort im Fachausschuss „Energie, Umwelt, Ländlicher Raum, Infrastruktur“ Gerhard Schmidt und für Bündnis 90/Grüne , Dr. Christiane Schmahl vertreten. Die Vorschläge werden anschließend in den Kommunen behandelt. Dabei ist die Interkommunale Zusammenarbeit besonders wichtig. Standortfragen können gemeinsam entschieden und Investitionen gemeinsam getragen werden. Gutes Beispiel ist die Zusammenarbeit der Stadt Staufenberg mit einigen anderen Kommunen bei der Realisierung der großflächigen Photovoltaik-Anlage.
Dabei ist auch die Bürgerbeteiligung besonders wichtig. Ohne Akzeptanz und Mit-wirkungsbereitschaft der Bürger wird die Energiewende nicht gelingen. Einzubeziehen ist auch die Gestaltung neuer finanzieller Beteiligungsmodelle, z.B. über örtliche Genossenschaften.
– Eine Bilanz nach einem Jahr –